Typen und Geschichte

Unter einem wissenschaftlichen Taschenrechner (WTR) versteht man einen Taschenrechner, der über die Grundrechenarten hinaus weitere Funktionen mitbringt, die in Naturwissenschaft, Technik und Mathematik benötigt werden. Dazu gehören z.B. trigonometrische Funktionen ebenso wie Exponential- und Logarithmusfunktionen, das Potenzieren und das Radizieren. In der Regel stehen auch Speicher für Zahlenwerte zur Verfügung. Die in der Schule eingesetzten Taschenrechner, häufig auch als Schulrechner bezeichnet, gehören zu diesem Typ.

Die ersten wissenschaftlichen Taschenrechner kamen ab 1970 auf den Markt. Bis Mitte der 70er Jahre waren die Preise soweit gefallen, dass sie die bis dahin in Technik und Wissenschaft eingesetzten Rechenschieber nach und nach verdrängten. Für einen einfachen wissenschaftlichen Taschenrechner wie den abgebildeten Commodore SR-36 (Baujahr 1974) bezahlte man damals etwa 300 DM bis 400 DM. Gemessen am Brotpreis entspricht das im Jahr 2020 einem Preis von 1000 € bis 1300 € für einen Taschenrechner, der weniger konnte als ein 10-Euro-Modell von heute.

Ab etwa 1980 war dann ein Preisniveau erreicht, das auch den Einsatz in der Schule möglich machte, so dass sich der Taschenrechner in den 80er Jahren zum normalen Werkzeug des Mathematik­unterrichts an weiterführenden Schulen entwickelte. Die technische Entwicklung im Bereich der WTR beschränkte sich bis Ende der 80er Jahre im wesentlichen darauf, dass für das Display statt der LED-Technik (rote oder grüne Zahlen) die energiesparendere LCD-Technik (dunkelgrau auf hellgrau) verwendet wurde.

Seit 1990 folgten dann Verbesserungen, die insbesondere für den Einsatz in der Schule von großem Nutzen waren. Zunächst wurden Taschenrechner mit der Fähigkeit ausgestattet, mit Brüchen rechnen zu können, was sie bis dahin nicht konnten. Zwar sahen Brüche auf dem (einzeiligen) Display nicht gerade umwerfend aus – z.B. 2⌟5 für „zwei Fünftel“ – aber daran konnte (musste) man sich gewöhnen. Ebenfalls in den 90er Jahren setzte sich die „Algebraische Eingabelogik“ (AOL) durch: Bei der Eingabe von Funktionen wurde nun zuerst der Funktionsname und dann das Argument eingegeben. Um etwa sin(30°) zu berechnen, musste man bei Geräten ohne AOL eingeben: [3] [0] [sin]. Das Ergebnis wurde dann unmittelbar angezeigt. Bei Geräten mit AOL, wie sie heute üblich sind, lautet die Eingabe hingegen: [sin] [3] [0] [=]. Je nach Modell sind zusätzlich noch Klammern erforderlich. Ende der 90er Jahre gab es dann die ersten WTR mit zweizeiligem Display, auf dem man Eingabe und Ergebnis gleichzeitig sehen und mittels Cursor-Tasten Veränderungen an der Eingabe vornehmen konnte. Auch erste Ansätze von Menübedienung waren zu sehen.

Das 21. Jahrhundert brachte die ersten WTR mit „natürlicher Darstellung“ hervor: Mathematische Ausdrücke sahen nun endlich so (ähnlich) aus, wie sie im Mathematikbuch stehen. Neu war auch die Möglichkeit, zu einem eingegebenen Funktionsterm eine Wertetabelle angezeigt zu bekommen und die Einführung einer allgemeinen log-Funktionen mit frei wählbarer Basis. Die Spitzenmodelle im WTR-Bereich erlaubten nun sogar das numerische Differenzieren und Integrieren, das numerische Lösen von Gleichungen und das Operieren mit Matrizen und Vektoren, so wie der abgebildete Casio fx-991ES aus dem Jahre 2005.

Seit dem Jahr 2010 neu hinzu gekommen und eine der jüngsten Errungenschaften bei den WTR ist die Möglichkeit zur Eingabe und natürlichen Darstellung von periodischen Dezimalbrüchen. Seit 2015 gibt es erste Modelle, die ein höherauflösendes und minimal vergrößertes LCD-Display haben und dadurch bis zu 5 Zeilen gleichzeitig darstellen können, was jedoch allenfalls bei der Darstellung von Wertetabellen vorteilhaft ist.

An anderer Stelle dieser Website findet man detailliertere Informationen über die Entwicklung im 21. Jahrhundert.